Spät gezündet und trotzdem Feuer und Flamme
Dietmar Schlüter, Vorstand der Oldtimerfreunde Heidelberg im BELMOT-Interview
Nach einem Unfall mit dem Motorrad genießt Dietmar Schlüter heute entschleunigte Fahrten mit 30 PS. Mit welchen Gefährten er dabei unterwegs ist, in welchem Oldtimerverein er sich wohlfühlt und welche Gegend er für eine Ausfahrt empfehlen kann, erzählte er uns im BELMOT-Interview.
Wie begann Ihre Leidenschaft für Oldtimer? Wurden Sie durch bestimmte Personen oder Erlebnisse geprägt?
Ich bin ein Spätzünder, was dieses Hobby angeht. Ich bin zwanzig Jahre lang Motorrad gefahren. Dann hatte ich nach einem Unfall die Entscheidung zu treffen, wie es nun weitergeht. „Fahre ich wieder Motorrad oder lieber etwas anderes?“ In diesem Zuge bin ich umgeschwenkt zum Auto und habe die „Oldtimerei“ für mich entdeckt.
Welche Oldtimer gefallen Ihnen besonders gut und warum gerade diese?
Mir ging und geht es erst einmal um die optischen Reize. Vorkriegsfahrzeuge begeistern mich am meisten. Neben dem Design ist für mich aber auch das Anderssein des Fahrens entscheidend. Ich kann mich in ein normales Auto setzen und fahre quasi automatisch von A nach B. Mit dem Oldtimer zu fahren erfordert aber Aktion und viel mehr Mitdenken. Es geht dann so weit, dass man im Oldtimer eigentlich kein Radio braucht. Wir haben ja schon einige Touren gemacht und der Gedanke „Ach, jetzt brauchst Du mal ein bisschen Musik auf die Ohren“ ist bei mir nie vorgekommen. Es wird einem nicht langweilig.
Woran denken Sie, liegt das?
Es ist die Kombination aus mehreren Aspekten: Es ist einerseits das anspruchsvollere Fahren, man muss ein bisschen mehr darüber nachdenken, was man tut: Das Schalten ist anders, der Motor reagiert anders. Man tritt nicht einfach so aufs Gas, sondern muss ein bisschen mit den paar PS haushalten, die man hat. Und natürlich ist die Landschaft, dadurch, dass man sich langsamer bewegt, ein eindrucksvoller Faktor. Man nimmt sie stärker wahr, als wenn man schneller unterwegs ist. Im Gegensatz zum Motorrad fahre ich jetzt in meiner Freizeit Oldtimer mit nur 30 und 35 PS.
Welche Fahrzeuge haben Sie sich ausgesucht?
Das ist einmal ein Fiat 1100 E von 1950 mit 35 PS. Vielleicht kennen Sie ihn, die Vorkriegsform mit den ausgestellten Kotflügeln?
Und zum zweiten ein Citroën AC4, mit 30 PS, Baujahr 1929. Der macht richtig Spaß. Mit der Art von Schaltung und Kupplung ist das etwa wie Renntrecker fahren.
Er ist recht eckig von der Fahrweise, man muss ständig aufmerksam sein und etwas nachlenken, schauen, wohin man fährt. Das Fahrzeug wiegt über 1 Tonne, mit 30 PS bleibt da nicht viel Leistung übrig, um einen Sprintstart zu machen. Es ist nötig, hier ein bisschen vorausschauend zu fahren, das Drehmoment und auch den Bremsweg einzuberechnen.
Wie haben Sie die beiden gefunden?
Ich habe mich eigentlich eher zufällig für die beiden entschieden. Nach dem Unfall hatte ich viel Zeit, um mich zu informieren und bin dann erstmal unstrukturiert auf die Suche gegangen. Ich habe bestimmt ein Dreivierteljahr in Fachzeitschriften geblättert, um herauszufinden: „Was ist mein Budget und was gefällt mir denn eigentlich?“ Ausschlaggebend war dann ein Treffen mit einem Freund, der sich schon länger mit Oldtimern beschäftigt, mich beraten und mir Tipps gegeben hat, worauf ich achten sollte. Er zeigte mir ein Bild von einem Fiat „Wäre das nix?“. Genau solch einen hatte ich passenderweise kurz zuvor online zum Kauf entdeckt und mich schon dafür interessiert. Das hat also ganz gut gepasst.
Ein Kriterium war dann natürlich, dass ich ins Auto passen musste. Ich bin recht groß, rund 2m lang. Der Fiat hat den Vorteil, dass keine B-Säule vorhanden ist. Die Vordertür öffnet man nach vorne, die Hintertür nach hinten, somit hat man den ganzen Raum, um einsteigen zu können. Es ist immer wieder erstaunlich, Platz ist oft auch in der kleinsten Hütte. Wenn Änderungen vorgenommen werden, dann sind sie immer auf den Originalzustand rückbaubar um das H-Kennzeichen nicht zu gefährden. So habe ich es auch bei meinen Fahrzeugen gehalten.
Sie haben sich nach einiger Zeit nach einem Verein für Oldtimerfans umgesehen. Weshalb haben Sie sich speziell den Verein Oldtimerfreunde Heidelberg ausgesucht?
Der erste Aspekt war zunächst: „Findest Du irgendwo Gleichgesinnte?“ Dann suchte ich erstmal nach Markenclubs und schaute, was es in der Nähe für ein Angebot gab. Oft ist es so, dass die Markenclubs auf einen bestimmten Fahrzeugtyp ausgerichtet sind. Das passte bei mir leider nicht mit dem Fiat, die meisten haben z.B. einen Fiat 500. Als Exot ist das ein bisschen schwierig. Da kamen die „Oldtimerfreunde Heidelberg“ ganz gelegen, weil es ein markenoffener Club ist. Es gibt dort alles von A bis Z, auch Motorradfahrer sind willkommen. Es ist vielleicht kein Club, in dem man „DAS“ Spezialteil für sein Fahrzeug findet, aber dennoch erhält man Hilfestellung in unterschiedlichsten Fragen und kann sich gut über sein Hobby austauschen und schöne Erlebnisse teilen, wenn man gemeinsam Veranstaltungen plant oder Ausfahrten unternimmt. Hierdurch haben sich für mich sehr gute Freundschaften zu anderen „Verrückten“ entwickelt.
Meist sind es ja die etwas älteren Menschen, die sich Vereinen anschließen und denen Oldtimer wichtig sind. Die Oldtimerfreunde HD machen einen sehr offenen, unkomplizierten Eindruck. Wie ist der Altersdurchschnitt in Ihrem Verein?
Der Altersdurchschnitt ist tatsächlich höher. Ich würde sagen, 50Plus. Es gibt aber auch immer mal Jüngere, die Bock haben, dabei zu sein. Meist kommen sie über ihre Familienmitglieder mit zu Veranstaltungen oder werden über Social Media oder unsere Website auf den Verein aufmerksam, insofern sind wir auch immer öfter bunt gemischt, bis ins hohe Alter vertreten. Es ist immer natürlich auch abhängig von der Art der Veranstaltung, welche Menschen vor Ort sind.
Welche Veranstaltungen werden vom Verein ausgerichtet?
Es gibt zum Beispiel die Tea Time Touren von April bis September, die auch Nicht-Mitglieder willkommen heißen. Diese finden immer am 2. Sonntag im Monat an bestimmten Orten statt. Von dort fährt man gemeinsam immer unterschiedliche Touren zu einem dann erst bekannt gegebenen Überraschungs-Ziel, das vielleicht noch nicht alle kennen und wo man dann das Treffen gesellig ausklingen lässt. Diese Treffen sind auch in Pandemiezeiten möglich gewesen, wir haben zum Beispiel im letzten Sommer dann ein Picknick veranstaltet statt uns in einem Lokal zu treffen.
Sie sind als Vorstandsmitglied für den Verein tätig. Was bedeutet das konkret, welche Aufgaben haben Sie als Vorstand?
Ich bin in dem Bereich der Ausfahrtenplanung unterwegs, schwerpunktmäßig kümmere ich mich um die Gestaltung der Road Books für die Herbst Rallye (Oktober) und die Bergfahrt Königstuhl (März), ich bin auch öfter mal bei der Organisation der Tea Time Touren dabei und ich betreibe regelmäßig, gemeinsam mit zwei, drei weiteren Vereinskollegen die Homepage und Facebook. Es ist wichtig, dies in Gemeinschaftsarbeit zu machen. Die Seiten leben von der Vielfalt, von mehreren Blickwinkeln, die die Inhalte bunter und umfassender machen.
Wieviel Zeit stecken Sie in die Vereinsarbeit und generell in das Oldtimerhobby?
Das ist eine gute Frage. Die Antwort ist nicht so einfach, weil dies davon abhängt, was für den Verein zu tun ist. Ist ein Roadbook neu zu gestalten, muss die Route für eine Ausfahrt getestet werden, damit zum Beispiel beim Abbiegen Rechts-/Linksverwechslungen ausgeschlossen werden? Manchmal sitze ich jede Woche jeden Abend 2 Stunden am Schreibtisch, manchmal mehr, manchmal weniger. Dies ist auch saisonal bedingt. Im Schnitt würde ich sagen, in den Sommermonaten kommen ca. 3-4 Tage im Monat zusammen, im Winter 1-2. Das bezieht die Vereinsveranstaltungen und -Ausfahrten allerdings schon mit ein. Es geht also schon recht viel Freizeit dafür drauf. Allerdings ist das Schöne an diesem Hobby, dass man es gut mit dem Partner oder der Partnerin teilen kann, wenn er oder sie mitmacht. Somit ist es dann auch die gemeinsame Freizeitgestaltung, die besonders viel Freude macht.
Wie halten Sie Ihre Fahrzeuge in Schuss? Schrauben Sie auch selbst, bzw. investieren Sie dafür auch noch Zeit?
Jein. Es kommt auch hier darauf an, was zu tun ist. Das, was ich tun kann, übernehme ich sehr gern. Wichtig finde ich hierbei, dass die Mit-Mieter, mit denen man sich vielleicht eine Tiefgarage teilt, die Reparaturen dulden. Und ich muss immer erkennen, wann ich Schluss machen muss, damit das Ding nicht irgendwo dauerhaft in der Tiefgarage stehenbleibt, bevor es doch raus in die Werkstatt muss. Die Lichtmaschine selbst aus- und wieder einzubauen, ist für mich kein Thema, da kommt man gut heran. Bei den Dingen, die ich aber nicht selbst erledigen kann, greife ich gern auf Werkstätten zurück oder lasse mich eng bei Reparaturen begleiten. Der Fiat brauchte mal eine Motorüberholung, die hat die Werkstatt übernommen. Ein wichtiger Punkt ist auch die fachgerechte Entsorgung von Materialien und Flüssigkeiten. Ölwechsel lasse ich zum Beispiel immer in der Werkstatt machen.
Wenn Sie an Ihre bereits gefahren schönsten Strecken denken: Haben Sie eine Streckenempfehlung für unsere Community?
Wenn ich nur mal kurz aus meinem Wohnort Eberbach rausfahre, bin ich direkt im Odenwald. Hier gibt es sowohl nördlich als auch südlich des Neckars wunderschöne Ecken. Mein allgemeiner Tipp: Verlassen Sie die Bundesstraßen, fahren Sie auf den kleinen weiter und biegen Sie einfach immer mal rechts und links ab. Dort ist weniger los und sie können die Natur besser genießen.
Der „Katzenbuckel“ in Waldbrunn wäre eine Idee für eine Tour. Es ist die höchste Erhebung im Odenwald, ein erloschener Vulkan - von der Topographie nichts Besonderes- aber die Wege drumherum sind wunderschön. Einfach mal ausprobieren!
Interview und Text von Isabelle
Vielen Dank für das schöne Gespräch mit Ihnen!