Gutachten für Oldtimer
Originalität sowie ein guter Pflege- und Erhaltungszustand werden bei Oldtimern immer wichtiger. "Altes Blech" erfreut sich zunehmender Beliebtheit. Der Zustand des Fahrzeugs "unter der Fassade" ist dabei von ganz entscheidender Bedeutung, um die "Spreu" vom Weizen zu trennen. Wichtig ist es deshalb, Zustand und Wert des Fahrzeugs sachverständig ermitteln zu lassen und diese Dokumentation auch regelmäßig zu aktualisieren.
Zusätzlich zur Bedeutung des Wertgutachtens für den passenden Versicherungsschutz gibt es weitere Aspekte, die für Oldtimerbesitzer notwendig sind.
Einsatzbereich von Gutachten für Oldtimer
Kauf und Verkauf eines Oldtimers
Beim Kauf eines Oldtimers ist die Vorlage oder Erstellung eines Wertgutachtens zum Fahrzeug – jedenfalls bei höherpreisigen Fahrzeugen – mittlerweile „gang und gäbe“. Käufer wie Verkäufer legen auf ein solches Gutachten oftmals schon deshalb wert, weil es dabei hilft, etwaig vorhandene (versteckte) Mängel sowie Originalität und Zustand des Fahrzeugs zum Zeitpunkt der Übergabe zu dokumentieren. Der Käufer vermeidet auf diese Weise, „die Katze im Sack“ zu kaufen; der Verkäufer verschafft sich Schutz vor später unberechtigt erhobenen Gewährleistungsansprüchen.
Wichtig ist außerdem die Aufklärung möglicher früherer Unfallschäden oder die Klärung der Frage, ob das Fahrzeug „matching numbers“ hat und tatsächlich „echt“, also keine Replik oder Fälschung, ist. Nicht selten wird ein Sachverständiger auch mit einer Begutachtung beauftragt, um überhaupt erst einmal eine belastbare Grundlage für die Preisverhandlungen zu erstellen.
Restaurierungen und Reparaturen
Begleitend zu einer Reparatur oder Restaurierung des Oldtimers bietet sich oftmals die Erstellung eines Gutachtens an. Dieses dient nicht nur zur Dokumentation des „Vorher-Nachher-Zustandes“, sondern kann insbesondere auch Aussagen zur Qualität der Reparatur, zu den Kosten einer etwaig erforderlichen Mangelbeseitigung oder zu Ersatzteilkosten treffen. Schließlich bietet sich ein Gutachten auch an, um Streit zwischen dem Oldiebesitzer und dem Werkunternehmer zu vermeiden oder zu schlichten, beispielsweise dadurch, dass der Gutachter das Vorliegen zugesagter Eigenschaften klärt. Ein spezialisierter Gutachter ist außerdem in der Lage, altersbedingten Verschleiß einerseits von Mängeln im Rechtssinne andererseits zu unterscheiden und auch hierdurch Klarheit für beide Vertragsparteien zu schaffen.
Begutachtung von Unfallschäden
Oldtimer werden nicht nur deutlich weniger als „gewöhnliche“ Alltagsautos gefahren, sondern zumeist auch deutlich vorsichtiger
bewegt. Trotzdem ist auch „altes Blech“ bisweilen in Verkehrsunfälle verstrickt – und dann ist es umso wichtiger, einen kompetenten Schadensgutachter an der Hand zu haben. Neben der Feststellung des Schadens und des Aufwands zur Schadensbeseitigung (die oft – zum Beispiel wegen angespannter Ersatzteillage – schwieriger und umfassender zu kalkulieren ist als bei einem „Auto von der Stange“) sind insbesondere Ausführungen des Sachverständigen zum unfallbedingt eingetretenen sog. merkantilen Minderwert wichtig. Hierunter versteht man den Schaden, der dadurch entsteht, dass das Fahrzeug künftig mit dem „Makel“ eines Unfallwagens behaftet ist und sich deshalb im Falle eines Verkaufs nur ein geringerer Preis erzielen lässt. Der merkantile Minderwert kann bei Oldtimern eine ganz erhebliche Größenordnung annehmen; Gerichte haben hier (bei entsprechend hochpreisigen Fahrzeugen wie einem Mercedes 300 SL Flügeltürer mit einmaliger Historie) bereits fünfstellige Schadensbeträge zugesprochen – wohlgemerkt neben dem eigentlichen Fahrzeug-/ Reparaturschaden. Auch die Bewertung des Nutzungsausfalls kann von großer Bedeutung sein. Entgegen landläufi ger Meinung kann nämlich auch bei Oldtimern ein Nutzungsausfallschaden in Betracht kommen, jedenfalls dann, wenn das Fahrzeug als reguläres Alltagsauto genutzt wird. Nicht ganz einfach ist mitunter die Feststellung der zutreffenden Nutzungsausfallklasse, weshalb auch hier spezielle Expertise von Nöten ist. Wertbegutachtung bei Diebstahl oder Brand. Wird der Oldtimer entwendet oder zerstört (z. B. durch Brand- oder Wasserschäden), so stellt sich schnell die Frage nach dem Wert dessen, was da „weggekommen“ ist. Auch hier kann ein Wertgutachten helfen – und zwar sowohl bezüglich der Frage nach der Höhe des eingetretenen Schadens als auch hinsichtlich des Werts des Fahrzeugs vor
dem Schadens eintritt.
Sonstige Einsatzbereiche
Die Aufzählung von Situationen, in denen die Erstellung eines Gutachtens für Oldtimer sinnvoll oder sogar unabdingbar ist, könnte noch seitenlang fortgesetzt werden. So kann ein Gutachter beispielsweise die Restaurierungsfähigkeit eines Fahrzeugs oder dessen Fahr- und Rollfähigkeit feststellen, er kann Aussagen zur historischen und technischen Bedeutung eines Fahrzeugs in seiner Zeit machen und so sogar steuerrechtlich relevante Fragen klären oder den Wert eines (Oldtimer-)Nachlasses schätzen.
Umfang der Begutachtung
Kurzgutachten oder ausführliches Wertgutachten? Sehr beliebt – weil preiswert und unkompliziert – sind sog. Kurzbewertungen für Oldtimer. Deren Aussagekraft allerdings ist außerordentlich begrenzt und beschränkt sich – wichtig! – auf eine bloße grobe äußerliche Inaugenscheinnahme durch den Sachverständigen. Fundierte Aussagen zum Fahrzeugzustand und zur Substanz des Fahrzeugs sind deshalb nicht zu erwarten. Nicht ohne Grund sollen solche Gutachten daher auch lediglich der „Versicherungseinstufung“, nicht aber als Grundlage für einen Kauf oder Verkauf des Fahrzeugs dienen. Auch Versicherer freilich sollten sich der Oberflächlichkeit solcher Kurzbewertungen bewusst sein. Aus juristischer Sicht stellen solche Kurzgutachten indes auch für den Sachverständigen ein enormes Haftungsrisiko dar: Jede Bewertung eines Gutachtens muss zutreffend sein, gleichgültig, wie teuer und wie ausführlich das Gutachten ist. Auch Kurzgutachten müssen daher sorgfältig erstellt werden. Da dies indes – aus wirtschaftlich verständlichen Gründen – nicht immer geschieht, empfiehlt es sich auch bei der Versicherungseinstufung, zunächst ein ausführliches Wertgutachten zugrunde zu legen, was dann ggf. durch Kurzgutachten aktualisiert werden kann. Anderenfalls droht im Schadensfall ein böses Erwachen.
Grundsätze für die Gutachtenerstellung
Bei der Beauftragung des Sachverständigen gibt es einige Spielregeln zu beachten.
Wann sollte ein Gutachten in Auftrag gegeben werden?
Eine gutachterliche Feststellung zum Fahrzeugwert bietet sich immer dann an, wenn sich der Wert des Fahrzeugs maßgeblich verändert hat. Hilfreich können hier beispielsweise beispielsweise die Marktwerttabellen in der Oldtimermarkt sein. Auch dann, wenn eine Restaurierung oder aufwändigere Reparaturen und Instandsetzungen erfolgt sind oder neues Zubehör eingebaut wurde, sollte der hierdurch veränderte Wert dokumentiert werden. Gleiches gilt (erst recht), wenn solche Maßnahmen die Originalität des Fahrzeugs möglicherweise sogar gesteigert haben, beispielsweise durch Rückbau nicht zeitgenössischer Veränderungen. Auch bei wertprägenden neuen Fakten zur Fahrzeughistorie sollte der veränderte Wert dokumentiert wurden, so etwa, wenn das Fahrzeug sportliche Erfolge errungen hat oder Nachforschungen Besonderheiten in der Fahrzeughistorie (z. B. berühmte Vorbesitzer) ergeben haben.
Wie sollte ein Gutachten erstellt werden?
Wichtig bei der Auswahl des Sachverständigen ist es, dass dieser Erfahrung mit dem betreffenden Fahrzeug hat. In der Regel sind spezifische Fach- und Markenkenntnisse erforderlich. Markenclubs oder spezialisierte Rechtsanwälte können hier wertvolle Tipps geben. Auch die öffentliche Bestellung als vereidigter Sachverständiger „für Oldtimerfahrzeuge“ kann ein hilfreiches Indiz für entsprechende Fachkunde sein. Der Gutachter sollte über sämtliche wertbildenden Fakten (Historie, Originalität etc.) in Kenntnis gesetzt werden: Je detaillierter der Sachverständige das Fahrzeug kennt, desto fundierter kann sein Gutachten ausfallen. Ein guter und seriöser Gutachter ist insoweit auch für Rückmeldung dankbar, um sein Gutachten im Bedarfsfalle nochmals ergänzen oder korrigieren zu können.