WERK-statt STRESS oder lieber mit Rechnung?
Fast jeder, der schon einmal Arbeiten an seinem Oldtimer in Auftrag gegeben hat, kennt die Frage: „Brauchen Sie eine Rechnung?“. Wenn man hier mit „nein“ antwortet, spart man als Kunde meist die Mehrwertsteuer. Nicht selten sind auch Fälle, in denen „halbprofessionelle“ Hinterhofwerkstätten Reparaturen zu „Sonderkonditionen“ anbieten, natürlich auch ohne Rechnung. Denkbar ist auch, dass nur die Ersatzteile offiziell abgerechnet werden, die Arbeitsleistung aber schwarz bezahlt wird.
Schwarzarbeit: Was für ein hässliches Wort. Viel schöner klingen doch Begriffe wie „Nachbarschaftshilfe, Unterstützung durch Clubkameraden“ etc. Wenn dies alles wirklich kostenlos ist: Umso schöner und besser! Gefährlich wird es – übrigens für beide Seiten – aber immer dann, wenn Arbeitsleistung gegen Geld erbracht wird, ohne dass diese Leistungen über die Bücher gehen, also eine offizielle Rechnung gestellt wird.
Wenn ich hier dafür werbe, nur „offizielle“ Werkstattaufträge zu erteilen und immer auf eine Rechnung zu bestehen, dann nicht, weil ich die Praxis nicht kenne oder zu viel Geld hätte. Schwarzarbeit kann aber für beide Seiten äußerst unangenehme Folgen haben, die mehr kosten, als die Schwarzarbeit „einspart“.
Ich will hier nicht Straftaten wie Steuerhinterziehung, Beihilfe oder Anstiftung zur Steuerhinterziehung etc. an die Wand malen. Hier soll der Hinweis ausreichen, dass bei Schwarzarbeit neben dem Finanzamt auch der Staatsanwalt mehr oder weniger freundlich anklopfen kann, auch beim Auftraggeber!
Ich möchte vielmehr über zwei recht neue Urteile des Bundesgerichtshofs und ihre Auswirkungen auf die Oldtimerszene berichten:
1. Kein Anspruch auf Zahlungen
Hier hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass der Unternehmer keinen Anspruch auf eine vereinbarte Schwarzgeldzahlung hat, selbst wenn er die vereinbarte Leistung mangelfrei erbracht hat. Der vom Bundesgerichtshof entschiedene Fall betrifft zwar Bauleistungen an einem Haus, die Entscheidungsgründe gelten aber ebenso bei Reparaturen oder der Restaurierung von Oldtimern: Haben Auftraggeber und Auftragnehmer vereinbart, dass die Arbeiten „schwarz“ erbracht werden sollten, hat der Unternehmer keinen Anspruch auf Zahlung. Er kann seine Forderung auch nicht darauf stützen, dass das Fahrzeug des Auftraggebers nach der Reparatur/Restaurierung mehr wert sei als vorher.
Häufig sind auch folgende Fälle: Ein Teil der Arbeiten wird über Rechnung abgewickelt, ein Zusatzbetrag soll dann vor Abholung des Fahrzeuges „schwarz“ fließen. Wenn der Kunde sich an diese Zusatzvereinbarung hinterher nicht mehr „erinnert“ oder sich einfach weigert zu zahlen, muss die Werkstatt das Fahrzeug trotzdem herausgeben. Ein Vertrag, bei dem auch nur teilweise Schwarzgeldzahlungen vereinbart werden, ist insgesamt nichtig (§ 1 SchwarzArbG). Aus einem nichtigen Vertrag kann die Werkstatt keine Forderungen ableiten. Den als Schwarzzahlung vorgesehenen Betrag kann die Werkstatt also unter keinen Umständen fordern. Wenn für Teilleistungen eine Rechnung vereinbart worden ist, muss differenziert werden: Ist klar festgelegt worden, welche Arbeiten ordnungsgemäß abgerechnet werden und wird auch eine entsprechend spezifische Rechnung für diese Arbeiten erstellt, kann die Werkstatt diesen Teil des Gesamtlohns fordern. Oft kommt es aber vor, dass beispielsweise bei Restaurierungskosten von geschätzt € 20.000,00 vereinbart wird, dass pauschal € 10.000,00 „auf Rechnung“ und € 10.000,00 „in Bar“ gezahlt wird. Dann ist der gesamte Vertrag nichtig und die Werkstatt bekommt keinen Cent. Hier mag beim Leser Mitleid für die Werkstatt aufkommen, nicht jedoch bei den Gerichten: Wer sich sehenden Auges gegen die Rechtsordnung stelle und auch nur teilweise Schwarzarbeit vereinbare, müsse eben in Kauf nehmen, dass seine Vorleistung nicht honoriert werde.
Um es mit einem Satz zusammenzufassen:
Eine Werkstatt, die sich auch nur teilweise auf ein Schwarzgeldgeschäft einlässt, verliert unter Umständen den gesamten Werklohnanspruch, was bei größeren Reparaturen oder einer Restaurierung einen erheblichen Betrag ausmachen kann.
2. Fall: Verlust jeglicher Gewährleistungsansprüche
Der „Besteller“ einer „Schwarzarbeit“ hat zwar auf den ersten Blick insoweit vielleicht einen Vorteil, als er die Leistung „kostenlos“ erhält. Andererseits hat er aber keinerlei Gewährleistungsansprüche, was einen viel höheren Betrag als den Werklohn ausmachen kann.
So hatten wir beispielsweise einen Fall, in dem ein Kunde ein altes Mercedes Ponton-Cabrio in eine inoffizielle Hinterhofwerkstatt gegeben hat, um dort erhebliche Restaurierungen der Karosserie durchführen zu lassen. Es wurden dann über 12 Monate Arbeiten durchgeführt, allerdings mit dem Ergebnis, dass das Fahrzeug heute nicht mehr zulassungsfähig ist: ein vorhandener Unfallschaden war übersehen worden, die Achsgeometrie ist nicht mehr innerhalb der Toleranzen einstellbar, ein Rahmenstück mit der Fahrgestellnummer war „versehentlich“ entfernt und durch ein Blechteil ersetzt worden, so dass noch nicht einmal die Identität des Fahrzeugs feststeht. Die Tatsache, dass der Auftraggeber für diese Arbeiten nichts bezahlen muss, ist ein schwacher Trost dafür, dass er praktisch das Auto verloren hat, da keinerlei Gewährleistungsansprüche bestehen. Dies gilt übrigens auch dann, wenn der geforderte Schwarzgeldbetrag bereits bezahlt worden ist.
3. Sonstige Probleme bei Schwarzarbeit
Hinzu kommen für den Auftraggeber noch vielfältige weitere Risiken, wenn Arbeiten schwarz vergeben werden:
a. Es hat schon Fälle gegeben, in denen das Fahrzeug verschwunden war. Mangels eines schriftlichen Auftrages konnte der Halter aber nicht beweisen, dass er das Fahrzeug (privat!) in Reparatur gegeben hatte.
b. Für ein Wertgutachten und beim Verkauf sind Reparatur- und Restaurierungsrechnungen bares Geld wert. Das gleiche gilt dann, wenn das Fahrzeug gestohlen worden ist oder in einen Unfall verwickelt wurde: Schwarzarbeit kann der Versicherung kaum als werterhöhend vermittelt werden.
c. Schwarzarbeit macht erpressbar.
d. Wer „offiziell“ Werkstattaufträge erteilt, trägt dazu bei, dass spezialisierte Oldtimerbetriebe erhalten bleiben, dort junge Menschen ausgebildet werden können und man sich dort auch einmal gute Tipps abholen kann.
Das Signal, das das Gesetz und der Bundesgerichtshof auch an die Oldtimerszene richten, ist klar: Wer sich durch Beauftragung oder Ausführung von Schwarzarbeit außerhalb der Rechtsordnung stellt, hat keine Ansprüche und darf sich auch nicht mehr auf die Rechtsord- nung zur Durchsetzung vermeintlicher Ansprüche berufen.
Ihr Oldtimeranwalt
Michael Eckert