Benzingespräche

Das Oldtimerhobby ist sein Katalysator

Wolfgang Presinger (ASC) ist seit seiner Kindheit begeistert von historischen Automobilen

Wolfgang Presinger ist so eng mit dem Schnauferl Club und seiner Leidenschaft Oldtimer verbunden, dass er mittlerweile auf 54 Jahre Mitgliedschaft im ASC zurückblickt. Seitdem er den Führerschein und das Abitur in der Tasche hat, sind der Club, die gemeinsamen Erlebnisse, die gegenseitige Unterstützung und natürlich das verbindende Hobby Oldtimer für ihn Lebenselixier und Katalysator. Leider schützt einen die Leidenschaft jedoch nicht vor Schadenerfahrungen. Gerade kürzlich erlebte Wolfgang Presinger mehrere Schreckmomente hintereinander an seinem Covert von 1903. Er berichtet euch sowohl von der Leidenschaft als auch von den Schreckmomenten.

Geschafft! Wolfgang Presinger mit seinem Sohn Christian nach dem erfolgreichen BELMOT-Oldtimerfahrtraining im Lagonda. (Foto: Thommy Mardo

BELMOT: Herr Presinger, Sie waren in Ihrem Berufsleben u.a. Geschäftsführer Mercedes-Benz Omnibusse der Evobus GmbH und haben sich tagtäglich beruflich mit Fahrzeugen beschäftigt. Was kam zuerst: die berufliche oder private Leidenschaft für historische Fahrzeuge?

Ich bin in eine Automobilfamilie hineingeboren worden. Mein Vater war Diplom-Ingenieur für Maschinenbau (Kraftfahrzeugwesen) und ich habe somit in unserem Betrieb schon als Kind mit Öl, Benzin und Autos zu tun gehabt.

Frau Presinger teilt die Oldtimerleidenschaft ebenso seit vielen Jahren


Seit den 50er Jahren hatte mein Papa einen Opel von 1911, den er gegen einen Neuwagen in Zahlung genommen hat, so dass in unserer Familie schon sehr früh ein Oldtimer vorhanden war. Ein Austro-Daimler aus 1921 kam später hinzu und als ich 1968 Führerschein und Abitur gemacht hatte, stand mir dieses Fahrzeug zum Fahren zur Verfügung. Mein jüngerer Bruder hat den gleichen Lebensweg wie ich eingeschlagen: er bekam noch vor seinem Abitur einen Chevrolet Baujahr 1931, der übrigens nach wie vor noch heute in seiner Familie existiert.

Sie sind seit einigen Jahren Präsidiumsmitglied im ASC und engagieren sich als Referent für Messing- und Vorkriegsfahrzeuge stark für den Schnauferl Club. Warum haben es Ihnen besonders Vorkriegsfahrzeuge angetan und neuere Jahrgänge weniger?

Ich mag und habe auch Fahrzeuge aus neueren Jahrzehnten, mein Fokus aber liegt hauptsächlich auf den Vorkriegsfahrzeugen. Das ist u.a. automobilhistorisch zu erklären, denn damit begann die Automobilgeschichte. Ein Fahrzeug aus 1910 ist ja gerade mal 25 Jahre nach Erfindung des Automobils gebaut worden. Man sieht, hört und versteht alles, man hat zu allen Aggregaten und Teilen Zugang und es ist ein sehr entschleunigtes Fahren.

Loreley, 1913
Porsche 356 Pre-A, 1954
Ein Teil der Oldtimersammlung

Welche Aufgaben gehören zu Ihrer Position im ASC?

Die Position des Referenten für Messing- und Vorkriegsfahrzeuge ist mit konkreten Aufgaben verbunden. In die Kategorie Messing- und Vorkriegsfahrzeuge fallen Fahrzeuge bis 1945. Wenn man es technisch genau nimmt, eigentlich Fahrzeuge bis ca. 1950, da sie auf Konzepten basieren, die vor dem Krieg entwickelt wurden, denn während des Krieges wurden ja keine neuen Typen entwickelt. Meine Aufgabe besteht darin, im Club und bei allen Aktivitäten des Clubs die Erfordernisse dieser Fahrzeuge zu vertreten, weil diese Fahrzeuge doch ein bisschen exotisch sind: Zunächst, wir sind langsam und benötigen bei Ausfahrten andere Voraussetzungen als jüngere Fahrzeuge. Wir können keine Tagesstrecken von 200 km bewältigen, was für ein Nachkriegsauto kein Problem darstellt. Unsere Tagesdistanzen bei Ausfahrten liegen deshalb zwischen 80 und 130 km.

Themen wie die Sauberhaltung der Straße, Vermeidung von Verkehrsgefährdung, sicheres Fahren mit Fahrzeugen bis 1918  ̶  denn erst 1918 kam die Hinterradbremse  ̶  sind ebenfalls gesondert zu berücksichtigen. Außerdem ist es ganz wichtig, die technische Authentizität zu bewahren und mittels periodisch durchgeführter Begutachtungen zu dokumentieren damit man den aktuellen und exakten Fahrzeugstatus hat und z.B. im Falle eines Diebstahls, einer Beschädigung oder bei technischen Mängeln den letzten Zustand darlegen kann.

Der ASC verfolgt, genau wie BELMOT, das Ziel, junge Menschen an historische Fahrzeuge heranzuführen. Warum ist Ihnen dies als ASC aber auch persönlich ein Anliegen?

Um die Jugend zu begeistern und zu gewinnen – ein Ziel des ASC - bin ich der Meinung, sollte man vor der eigenen Haustür anfangen. Denn 1. kommen dort die jungen Menschen her und 2. haben diese dann auch gleich Zugang zu historischen Fahrzeugen. Ich finde es wichtig, Ihnen Gelegenheit zu geben, sich mit den Fahrzeugen vertraut zu machen aber auch die technische Automobilgeschichte nahezubringen und zu zeigen: Wodurch hat die Automobilnation Deutschland einen Teil ihres Wohlstands erworben? Nämlich durch eine solide, Verbrenner-basierte Automobiltechnologie, die vor nahezu 140 Jahren begann.   

Zum anderen haben meine Frau und ich selbst Kinder. Ich selbst bin glücklich, dass unser Sohn schon in jungen Jahren begonnen hat, sich für alte Fahrzeuge zu begeistern. Er hat mittlerweile sogar drei eigene Fahrzeuge. Und irgendwann – die Biologie will das so – werden weitere an ihn übergehen. Aus diesem Grunde ist es erst einmal wichtig, dass man sein Hobby in der jüngeren Generation der eigenen Familie propagiert.

Darüber hinaus finde ich, ist das Hobby „Oldtimerei“ ein Katalysator, das ich mit tollen Menschen teilen kann: technisches und historisches Interesse verbunden mit Geselligkeit und auch mit ein bisschen Etikette. Wir legen Wert auf Anstand und auch Kleidung, da und dort, wo es angemessen ist. Es ist einfach ein schönes Hobby, bei dem man interessante Menschen kennenlernt. Ein Hobby, das man gerne auch mit der Familie teilt. Wir sind zum Beispiel per Oldtimer und teils auch mitsamt Familie Rallyes auf dem ganzen europäischen Kontinent, von Norwegen bis Spanien, von Italien bis nach England gefahren und waren mit Schnauferln sogar in den U.S.A. und Südafrika unterwegs.

Zusammenfassed sind sowohl Sie als auch Ihre beiden Kinder also durch die elterliche Prägung zum Hobby Oldtimer gekommen. Denken Sie, so ist es am einfachsten und am langlebigsten, da man jemanden braucht, der einen ein bisschen zum Thema Oldtimer hinführt?

Die Prägung durch das Elternhaus bzw. die Familie, wie in unserem Falle (so wie bei uns), ist natürlich einfacher. Bei mir hat es gut funktioniert. Wir haben mittlerweile eine kleine Fahrzeugsammlung). Sowohl unser Sohn als auch unsere Tochter nutzen gerne dies Autos. Und auch wir haben mittlerweile Enkelkinder, die bereits begeistert mitfahren und spielerisch hinterm Steuer sitzen, obwohl sie sich noch im einstelligen Altersbereich befinden. Andere fangen aber auch selbstständig und ohne familiäre Prägung an, sich für dieses Thema zur interessieren. Es gibt auch hier verschiedene Wege zum Ziel zu kommen.  

Vater und Sohn teilen ihre Leidenschaft beim BELMOT-Oldtimerfahrtraning am Nürburgring (Foto: Thommy Mardo)

Welche gemeinsamen Erlebnisse mit anderen Clubmitgliedern sind Ihnen besonders im Gedächtnis geblieben?

Mir fallen da (immer) drei Erlebnisse ein: Vor sechs Jahren waren wir mit einer Gruppe von drei Oldtimern, die wir auf Anhängern transportiert hatten, auf einem Jubiläums-Grand-Prix in Spanien, südlich von Madrid. Dort waren wir einen 1 Woche lang Gäste des spanischen Automobilclub R.A.C.E (Royal Automobil Club Espana) und hatten selbst einen Opel Torpedo aus dem Jahr 1911 dabei. Ein Freund ein Fahrzeug von 1900, einen Léon Buat. Das dritte Fahrzeug war ein Opel Rennwagen. Diese Veranstaltung war ein besonders schönes Gruppenerlebnis. Wir sind gemeinsam bis auf 2.000m Höhe gefahren, haben tolle Gegenden gesehen und zudem war die Gastfreundschaft und Großzügigkeit der Spanier toll und bemerkenswert.
Eine weitere meiner schönen Erinnerungen: Gemeinsam mit Freunden aus vom ASC sind wir bis nach Norwegen gefahren. Dabei hatten wir sechs Fahrzeuge der Messing-Ära bis 1918 auf Anhängern und sind dort zusammen mit norwegischen Freunden mehrere Touren gefahren in einer wunderbaren Landschaft auf 1.200 m Höhe.

London-Brighton Finisher 2021

Und jedes Jahr fahren wir zum Saisonabschluss mit beim „London-to-Brighton Veteran Car Run“. In den Anfangsjahren des Automobils lief im viktorianischen Großbritannien immer eine Person mit einer roten Flagge den Autos voraus, dies war damals ein gesetzliches Muss. Zudem durften die Autos auch nur Schrittgeschwindigkeit fahren. Das Gesetz, das diese Vorgaben vorschrieb, nannte sich „Red Flag Act“. Mit der jedes Jahr stattfindenden Tour zelebrieren die Teilnehmer heute noch die Befreiung von diesen Vorgaben.

Dort nehmen immer bis zu 400 Fahrzeuge bis Baujahr 1905 und älter teil und fahren gemeinsam eine Strecke von 96km, nämlich vom Hyde-Park von London nach Brighton zur Kanalküste. Seit den achtziger Jahren waren wir jedes Jahr mit wenigen Ausnahmen dabei. Das heißt aber nicht, dass man jedes Jahr auch tatsächlich heil oder überhaupt am Ziel ankommt – das ist manchmal abhängig vom technischen Willen oder Unwillen des Fahrzeugs, den man vorher nicht so abschätzen kann. Aber 2/3 der Teilnahmen endeten für uns mit einem erfolgreichen Zieldurchlauf.
Meine Frau, die mit mir dieses Hobby teilt und ich fahren pro Jahr zu mindestens 10 Oldtimer-Veranstaltungen und ich selbst organisiere jährlich zwei Veranstaltungen.

Glückliche London-Brighton-Finisher 2021

Sie haben es gerade so schön ausgedrückt: Den Willen bzw. Unwillen des Fahrzeugs. Welche Erfahrungen haben Sie gerade mit Ihrem Covert gemacht? Ich weiß, dass dieser gerade restauriert wird.

Um diese Frage vollständig zu beantworten, kommt erstmal so ein bisschen Werbeblock für Sie bzw. BELMOT (lacht). Er ist aber sehr ernst gemeint.

Alle meine Fahrzeuge sind ja in der All-Risk bei BELMOT versichert. Ich bin damit sehr zufrieden zudem mit der Möglichkeit, dass drei Fahrzeuge zeitgleich gefahren werden können, z.B. von meiner Familie. Und erst über die Jahre hinweg habe ich verstanden, dass BELMOT nicht nur eine gewöhnliche Versicherung ist, sondern tatsächlich genau angepasst auf die Notwendigkeiten eines sehr alten Fuhrparks. Dies habe ich erst zu schätzen gelernt, als mir mein langjähriger BELMOT-Berater informierte, dass meine seinerzeit aufgetretenen Schäden versichert seien.

 Plötzlich schlugen ihm Flammen entgegen

Was ist passiert: Mir ging nicht wegen Verschleiß, sondern aus einem anderen technischen Grund am Covert 1903 mein Getriebe kaputt. Und dieses Getriebe wurde nach Besichtigung und Freigabe eines BELMOT Sachverständigen wieder in einen solide funktionierenden Zustand gebracht. Da war ich total positiv überrascht.
Mein letzter Schaden am Covert von 1903 geschah vor einigen Monaten bei einer Veranstaltung in Coburg. Am Vormittag blieb mein Fahrzeug plötzlich in einem Waldgebiet auf einer Landwirtschaftsstraße stehen. Ich ging vor zum Motor und dachte, ich muss nur wieder ankurbeln, wie das üblich ist. Dazu muss man die Haube öffnen und Benzin tupfen. Aber plötzlich stand der Motor in Flammen.

Brandschaden während der London-Brighton Tour am Covert, 1903

Glücklicherweise fuhr hinter mir ein Freund, der gesehen hatte, dass Feuertropfen, nämlich brennendes Kabelmaterial, von meinem Wagen auf den Boden gefallen war. Er kam sofort mit dem Feuerlöscher zu Hilfe und löschte den Kabelbrand. Aber das Fahrzeug war erstmal „nicht fahrbereit“. Es wurde dann auf einen Hänger aufgeladen und es gab eine Menge technisch kundiger Begleiter, die wussten, wie man diesen Schaden reparieren kann. Während der Mittagsrast wurde unser Wagen von diesen technisch versierten Freunden wieder instandgesetzt.

Überschrift

Am Nachmittag gingen wir mit dem Covert wieder auf die Strecke, kamen jedoch nur 10 Meter. Plötzlich nämlich (, denn plötzlich9 saß meine Frau 30cm unter meinem Sitzniveau, weil die Speichen des Hinterrads beim Anfahren auf grobem Kopfsteinpflaster gebrochen waren. Wir sind wahrscheinlich beim Kopfsteinpflaster durch eine Rille mit dem Rad gekommen. Ganz unglücklich war, dass wir 4 Tage später nach England zu „London-Brighton“ fahren wollten.

Ich wurde dann montags von Robert Schramm (Technischer Referent ASC) zum Baumarkt geschickt. Er konstruierte eine Notlösung, in dem er eine Holzscheibe statt Speichen als Provisorium in das Rad einbaute, damit wir am Wochenende (mittwochs) an London-Brighton teilnehmen können. Dienstagsmittags war das Rad fertig und die Speichen waren sogar auf(an)gemalt wie im Original. Ein Freund hat das Rad noch an den Covert, der schon auf dem Anhänger stand, montiert. Mittwoch früh sind wir mit unserem Gespann samt Behelfsrad Richtung London aufgebrochen (gefahren). Und letztendlich haben wir erfolgreich London-Brighton gemeistert, d.h. wir sind ohne Probleme und zügig in Brighton angekommen. Nach dieser Tour habe ich das Fahrzeug zur professionellen Restaurierung zu Robert Schramm gebracht. (Separater Bericht folgt).

Sie haben jetzt ganz gelassen von den Zwischenfällen berichtet. Aber das war für Sie doch sicher recht schlimm?

Mittlerweile besitze ich ein großes Netzwerk an tollen Experten aufgebaut, jeder kann bestimmte Komponente professionell reparieren. Wenn man so lange mit dieser Leidenschaft unterwegs ist und so viele Touren fährt wie ich, wird man irgendwann gelassener. Was ich aber gleich im Anschluss an den Brandschaden besorgt habe, sind neue CO2-Feuerlöscher, da diese nicht solch große Probleme mit aggressivem Löschpulver verursachen, wenn sie dann mal zum Einsatz kommen.  Ich hoffe nicht, dass ich sie jemals brauchen werde - aber man weiß ja nie.

 


Das Interview führte Isabelle 

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